Begründung:
Die Verwaltung beabsichtigt, die Museumstraße in Salzgitter-Salder im Bereich zwischen der Mindener Straße und der Straße „Gänsebleek“ grundhaft auszubauen. Der vorhandene Straßenraum soll dabei entsprechend den aktuellen und absehbaren Nutzungsansprüchen an den Verkehrsraum neu aufgeteilt werden. Die Straßenverkehrsordnung sieht vor, dass Radfahrer mit ihren Fahrzeugen prinzipiell die Fahrbahn nutzen müssen. Für den Fall, dass die Radfahrer auf Grund der Kraftfahrzeugverkehrsstärke und –geschwindigkeit nicht verträglich im Mischverkehr auf der Fahrbahn geführt werden können, gibt es gemäß der „Empfehlungen für Radverkehrsanlagen (ERA 2010) grundsätzlich verschiedene Möglichkeiten, den Radfahrer im Straßenraum zu führen:
Fahrbahnseitige Führung
- Radfahrstreifen
- Schutzstreifen
Seitenraumführung
- Beidseitiger Einrichtungsradweg
- Einseitiger Zweirichtungsradweg
- Beidseitiger gemeinsamer Geh- und Radweg
- Gehweg mit Zusatz „Radfahrer frei“
- Radweg ohne Benutzungspflicht
Zur Auswahl der geeigneten Führungsform bietet die ERA 2010 ein Prüfverfahren an.
Da für die Grundsatzentscheidung über die zukünftige Radverkehrsführung in der Museumstraße ein Gesamtkonzept gefordert ist, wurde zunächst der gesamte Straßenzug von der Mindener Straße bis zur Straße „Am Dorfrand“ der Betrachtung unterzogen.
Die erforderlichen Verkehrseingangsdaten wurden der verkehrstechnischen Untersuchung des Ingenieurbüros „Zacharias Verkehrsplanungen“ aus Hannover entnommen. Die Zählung erfolgte am 21.11.2013 im Zeitraum von 6:00 - 10:00 Uhr und 15:00 - 19:00 Uhr.
Aus der Zählung ergibt sich eine Verkehrsbelastung in der Spitzenstunde von 650 Kfz/h. In der Museumstraße verkehren ca. 340 Busse und LKW/Tag.
Aufgrund der fehlenden Flächenverfügbarkeit (Fahrbahnbreite, Breite des Seitenraumes) müssen bei der Betrachtung des gesamten Straßenabschnittes zwischen Vor dem Dorfe und Mindener Straße folgende Führungsformen ausgeschlossen werden:
- Radfahrstreifen
- Schutzstreifen
- Beidseitiger Einrichtungsradweg
- Einseitiger Zweirichtungsradweg
- Radweg ohne Benutzungspflicht
Zwischen dem Museum und der Kirche ist das Straßengrundstück zu schmal, um eine Radverkehrsanlage unter zu bringen.
Die Anlage eines beidseitigen gemeinsamen Geh- und Radweges und die Ausweisung der Gehwege mit dem Zusatz „Radfahrer frei“ scheiden darüber hinaus auch wegen des Längsgefälles >3% aus.
Betrachtet man den gesamten Straßenabschnitt, ist die Anlage einer einheitlichen Radverkehrsanlage im Ergebnis des Bewertungsverfahrens nicht realisierbar. Möglich ist ausschließlich die Führung des Radverkehrs im Mischverkehr auf der Fahrbahn.
In einer zweiten Betrachtung wurde der Straßenzug in die Teilbereiche Vor dem Dorfe – Gänsebleek (Abschnitt I) und Gänsebleek – Mindener Straße (Abschnitt II) aufgeteilt.
Bewertungsverfahren für Abschnitt I (Einmündung Gänsebleek – Kreuzung Vor dem Dorfe):
Hier müssen auf Grund der unzureichenden Breiten der Fahrbahn und der Nebenanlagen und der Gefälleverhältnisse wiederum die Führungsformen
- Radfahrstreifen
- Beidseitiger Einrichtungsradweg
- Einseitiger Zweirichtungsradweg
- Radweg ohne Benutzungspflicht
- beidseitiger gemeinsamer Geh- und Radweg
- Gehwege mit dem Zusatz „Radfahrer frei“
ausgeschlossen werden.
Auf Grund der Fahrbahnbreite von 6,0 m ist die Anlage beidseitiger Radfahrerschutzstreifen ebenfalls nicht möglich, da hierfür eine Fahrbahnbreite von mindestens 7,0 m erforderlich ist. Möglich wäre ggf. eine einseitige Markierung eines Schutzstreifens im Steigungsbereich in Fahrtrichtung der Straße Vor dem Dorfe. Diese Lösung würde den Verzicht auf das Parken am Fahrbahnrand bedeuten und wird von der Verwaltung nicht favorisiert.
Die Radfahrer können nur im Mischverkehr auf der Fahrbahn geführt werden. Da in diesem Streckenabschnitt die zulässige Höchstgeschwindigkeit bereits auf 30 km/h reduziert wurde, ist diese Führung auch unter Berücksichtigung des Verkehrsaufkommens als verträglich einzustufen und stellt eine verkehrssichere Lösung für diesen Abschnitt dar.
Bewertungsverfahren für Abschnitt II (Einmündung Gänsebleek – Mindener Straße):
Die Anlage beidseitiger Radfahrstreifen ist auf Grund des zur Verfügung stehenden bzw. realisierbaren Fahrbahnquerschnittes nicht möglich.
Die Anlage beidseitiger Einrichtungsradwege scheidet auf Grund der zur Verfügung stehenden Seitenraumbreite aus.
Ein einseitiger Zweirichtungsradweg muss auf Grund der zur Verfügung stehenden Seitenraumbreite und der Anzahl der zu überquerenden verkehrsreichen Grundstückszufahrten ausgeschlossen werden.
Für die Anlage eines beidseitigen gemeinsamen Geh- und Radweges stehen ausreichende Flächen zur Verfügung. Diese Führungsform muss gemäß Tabelle 28 der ERA 2010 (Punkt 5 und 6) aufgrund der zahlreichen Grundstückszufahrten und Hauseingänge ausgeschlossen werden. Darüber hinaus handelt es sich gemäß aktuell erarbeitetem Radverkehrskonzept der Stadt Salzgitter um eine Hauptverbindung des Radverkehrs, dies stellt gemäß Tabelle 28 der ERA 2010 (Punkt 3) ein weiteres Ausschlusskriterium dar.
Aus den gleichen Gründen ist die Freigabe der Gehwege mit dem Zusatz „Radfahrer frei“ nicht möglich.
Die Anlage von Radwegen ohne Benutzungspflicht ist unter Ausnutzung des gesamten Straßengrundstückes möglich, wenn auf die Anlage von Längsparkstreifen verzichtet wird. Alle Kraftfahrzeuge müssen dann auf der Fahrbahn oder auf Privatgrundstücken geparkt werden. Neben auf der Fahrbahn abgestellten Fahrzeugen ist Begegnungsverkehr nicht möglich. Auch die Linienbusse werden gegenüber dem Gegenverkehr wartepflichtig. Aufgrund der Verkehrsbedeutung der Straße (Ortsdurchfahrt L472) wird voraussichtlich in Teilbereichen ein Halteverbot notwendig werden.
Die Radwege ohne Benutzungspflicht müssen gegebenenfalls von regelwidrigem Parken frei gehalten werden.
Das Ergebnis des Bewertungsverfahrens für den Abschnitt II zwischen Gänsebleek und Mindener Straße zeigt, dass die Anlage von Radwegen ohne Benutzungspflicht oder beidseitigen Radfahrerschutzstreifen möglich ist.
Nach einer ersten überschläglichen Kostenschätzung belaufen sich die Kosten für die Variante mit Radfahrerschutzstreifen auf ca. 690.000 €. Die Investitionskosten für die Anlage von nicht benutzungspflichtigen Radwegen werden auf Grund der zusätzlich zu befestigenden Fläche und der Grabenverrohrung vermutlich um mindestens 15% höher liegen. Eine belastbare Kostenermittlung erfolgt im Rahmen der Objektplanung für die weiter zu beplanende Variante.
Schutzstreifen stellen unter Anwendung der maßgebenden Entwurfsrichtlinie ERA 2010 die verkehrssicherste Führung der Radfahrer unter Berücksichtigung der örtlichen Gegebenheiten und der anderen Nutzungsansprüche an den Straßenraum dar.
Aufgrund der Erkenntnisse der Bürgerversammlung am 19.11.2012 scheint die Anlage von Radfahrerschutzstreifen unter Berücksichtigung der örtlichen Gegebenheiten nicht die notwendige Akzeptanz zu erfahren. Die öffentliche Akzeptanz ist jedoch für das Funktionieren eines Radfahrerschutzstreifens erforderlich.
Beim Radfahrerschutzstreifen handelt es sich um eine benutzungspflichtige Radverkehrsanlage, die nur im Bedarfsfall und unter Rücksichtnahme auf die Radfahrer vom Kraftfahrzeugverkehr mitbenutzt werden darf, so z.B. im Begegnungsfall.
Das Parken auf dem Schutzstreifen ist untersagt, ein Halten ist jedoch gestattet.
Der Vorteil der Radfahrerschutzstreifen besteht darin, dass der Radfahrer seinen eigenen Verkehrsraum hat und im Sichtfeld des Kraftfahrers auf der Fahrbahn fährt.
Parallel zur Museumstraße verläuft von der Mindener Straße in Richtung Nordosten ein Weg, der im Bebauungsplan Sal16 „Nördlich Mindener Straße“ als öffentliche Grünfläche festgesetzt ist und sich im Eigentum der Stadt befindet. Dieser Weg stellt eine wichtige Verbindung als Alternative für Fußgänger und Radfahrer zur Museumstraße dar. Er wird im Rahmen des Projektes befestigt und erhält eine Beleuchtung.