Begründung:
Entsprechend der empirischen Zwischenbilanz des Deutschen Jugendinstituts „Kita 2020“ wird postuliert:
- Der Kita-Ausbau ist ein Erfolgsprojekt bei der Modernisierung der sozialstaatlichen Infrastruktur und ein wichtiger Baustein in der Gestaltung der familienfreundlichen Lernstadt und der „Bildungslandschaft Salzgitter“.
- Im Schatten des U3-Ausbaus vollzieht sich in Westdeutschland ein langsamer Abschied vom Halbtages-Kindergarten bei den über 3-jährigen.
- Im Vergleich zu 2006 ist eine verstärkte Inanspruchnahme der U3-Angebote von Kindern aus Elternhäusern mit niedrigen Bildungsabschlüssen oder mit Migrationshintergrund zu beobachten.
- Wenn die Kindertagesbetreuung verstärkt unter Bildungsgesichtspunkten betrachtet wird, muss dies auch mit einer sukzessiven Verbesserung der personellen, fachlichen und infrastrukturellen Voraussetzungen einhergehen.
In Anbetracht dieser Feststellungen steht auch die Stadt Salzgitter bei der Weiterentwicklung der Kindertagesstätten vor neuen Herausforderungen. Die Einrichtung soll ein Lösungsangebot für berufstätige Eltern und deren Kinder – mit einem familienorientierten Angebot, erweiterten Öffnungszeiten und einer Differenzierung der individuellen Betreuungszeiten sein. Vor allem Eltern, die in der Volkswagen AG Salzgitter-Motorenwerk beschäftigt sind, haben aufgrund des Schichtdienstes Bedarf an verlängerten Öffnungszeiten.
Zur Attraktivitätssteigerung des Standortes und Unterstützung der qualitativen Personalgewinnung für eines der größten Unternehmen der Stadt soll mit dieser neuen Einrichtung geholfen werden, Beruf und Familie tatsächlich in Einklang zu bringen. Nachstehende Mehrwerte aus Sicht der Arbeitsgeber sollen mit dieser Einrichtung erzielt werden:
- Gewinnung von Fachkräften
- Imagegewinne und Steigerung der Attraktivität als Arbeitgeber
- Höhere Wettbewerbsfähigkeit durch motivierte und engagierte Beschäftigte
- Der schnellere Einstieg der Beschäftigten nach der Elternzeit
- Langfristige Bindung der Beschäftigten – auch an die Stadt Salzgitter als möglichen Wohnort
- Betriebsspezifisches Know-how bleibt erhalten; Kosten für Neueinstellungen werden eingespart
- Die Einsparung von Überbrückungskosten, da weniger Ersatzpersonal benötigt wird
- Mehr Flexibilität der Beschäftigten durch Anpassung des Betreuungsangebotes an die Arbeitszeiten.
Mit dieser neu zu errichtenden Kindertagesstätte soll außerdem der individuelle Rechtsanspruch für Kinder im Alter von 1 Jahr bis zum Schuleintritt in der Stadt Salzgitter erfüllt werden. Weiterhin soll dem Bedürfnis der Eltern nach erweiterten Öffnungszeiten, die sich aus ihrer Berufstätigkeit im Motorenwerk und anderen Unternehmen ergeben, entsprochen und dies in ein adäquates Betreuungsangebot umgesetzt werden. Diese Maßnahme ist ein weiterer, wichtiger Schritt zum qualitativen Ausbau der Kinderbetreuung und somit eine tragende Säule der kinder- und familienfreundlichen Lernstadt, die unsere Stadt zukunftsfähig macht.
Nach § 24 SGB VIII Absatz 2 „Anspruch auf Förderung in Tageseinrichtungen und in Kindertagespflege“ haben Kinder unter 3 Jahren seit dem 01. August 2013 einen individuellen – das heißt vor Gericht einklagbaren – Rechtsanspruch auf einen Krippenplatz:
"Ein Kind, das das erste Lebensjahr vollendet hat, hat bis zur Vollendung des dritten Lebensjahres Anspruch auf frühkindliche Förderung in einer Tageseinrichtung oder in Kindertagespflege. Absatz 1 Satz 3 gilt entsprechend."
Absatz 1 Satz 3 lautet wie folgt:
"Der Umfang der täglichen Förderung richtet sich nach dem individuellen Bedarf."
Darüber hinaus hat der Gesetzgeber die Kommunen in § 24 SGB VIII Absatz 1 verpflichtet, auch für Kinder unter einem Jahr unter bestimmten Voraussetzungen einen Krippenplatz oder eine Platz in der Tagespflege vorzuhalten, und zwar, wenn
- Diese Leistung für seine Entwicklung zu einer eigenverantwortlichen und gemeinschaftsfähigen Persönlichkeit geboten ist
- Die Erziehungsberechtigten
a) einer Erwerbstätigkeit nachgehen, eine Erwerbstätigkeit aufnehmen oder Arbeit suchend sind
b) sich in einer beruflichen Bildungsmaßnahme, in der Schulausbildung oder Hochschulausbildung befinden oder
c) Leistungen zur Eingliederung in Arbeit im Sinne des Zweiten Buches (SGB II) erhalten.
Nach § 24 SGB VIII Absatz 3 „Anspruch auf Förderung in Tageseinrichtungen und in Kindertagespflege“ haben Kinder ab dem vollendeten 3. Lebensjahr bis zum Schuleintritt ebenfalls einen individuellen – das heißt vor Gericht einklagbaren – Rechtsanspruch auf einen Kindergartenplatz. Darüber hinaus verpflichtet der Gesetzgeber die Kommune, ein bedarfsgerechtes Angebot an Ganztagsplätzen vorzuhalten sowie bei besonderem Bedarf oder als Ergänzung (z.B. für Randbetreuungszeiten) ein entsprechendes Angebot an Kindertagespflege vorzuhalten.
Aktuelle Situation:
Aufgrund von aktuell vorliegenden erheblichen Familienzuzügen im Stadtgebiet ist ein hoher Bedarf an Kitaplätzen entstanden, der mit dem bisherigen Angebot nicht gedeckt werden kann.
Im Bereich Steterburg verzeichnet die Verwaltung einen erhöhten Anteil an Alleinerziehenden, sowie SGB II-Bedarfsgemeinschaften, was grundsätzlich einen vermehrten Betreuungsbedarf ab dem 1. Lebensjahr nahelegt.
Auch im Jahr 2015 ff. sind weitere Zuzüge zu erwarten (weiter ansteigende Wanderungsbewegung vorrangig aus der Stadt Braunschweig und dem Landkreis Wolfenbüttel), wobei die Zuwanderung nach derzeitigem Kenntnisstand schwerpunktmäßig weiterhin nach Lebenstedt und Bad und zukünftig durch den Mangel an günstigem Wohnraum in Braunschweig auch in SZ-Thiede gesehen wird – sodass es hier zukünftig zu Versorgungsengpässen, gerade für die Betreuung der unter 3-jährigen kommen wird.
Aktuell sind in Thiede 51 Kinder mit Schwerpunkt Krippenalter auf der Warteliste, deren Aufnahmebegehren bis Januar 2016 nicht befriedigt werden kann.
Die Einrichtung dieser Kindertagesstätte korrespondiert darüber hinaus mit dem Ziel der Städtebauförderung und wird die Weiterentwicklung des Quartiers Steterburg entscheidend unterstützten.
Die Trägerschaft für die betriebsnahe Kindertagesstätte durch die Johanniter-Unfall-Hilfe e.V. ist von der Volkswagen Salzgitter AG und der Stadt Salzgitter in einem regulären Vergabeverfahren getroffen worden. Die Entscheidung zur Trägervergabe erfolgte einvernehmlich. Die betriebsnahe Kindertagesstätte soll über eine Kindergartengruppe und vier Krippengruppen verfügen. Angedacht ist eine Ganztagsbetreuung mit Sonderöffnungszeit angepasst an den Schichtbetrieb. Als Kernöffnungszeit ist 07:00 Uhr – 17:00 Uhr mit einem entsprechenden Mitarbeiterangebot vorgesehen.
Die besondere Eilbedürftigkeit zur Errichtung und dem Betrieb der betriebsnahe Kindertagesstätte in der Ahornstraße ist gegeben, da die Stadt Salzgitter die Betreuung der unter Dreijährigen weiter bedarfsgerecht auszubauen hat. Es besteht ein Rechtsanspruch auf die Vorhaltung von Betreuungsplätzen für Kinder ab einem Jahr. Schon aus diesem Grund ist die Schaffung von Betreuungsplätzen notwendig.
Zusätzlich hat sich bei einer Umfrage unter den Beschäftigten des VW-Werks Salzgitter ein Betreuungswunsch in Höhe von ca. 95 Plätzen ergeben. Um auch zukünftig den Bedarf einschätzen zu können, wurden die Daten der „festangestellten Mitarbeiter“ bezogen auf die Angaben „Wohnsitz in Salzgitter“ und „Alter mit der vermuteten Familiengründung mit Kindern“ ausgewertet. Diese ergab, dass hierunter 2.591 Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter fallen. Davon haben 982 Personen ihren Wohnsitz in Salzgitter, wobei allein 182 Personen im Bereich Thiede, 301 Personen im Bereich Lebenstedt und 184 Personen im Bereich Bad wohnen. In SZ-Lebenstedt und SZ-Bad besteht aktuell ein großes Fehl an Kinderbetreuungsplätzen, welches monatlich wächst, sodass eine betriebsnahe Kita in der von VW gewünschten Größe von mindestens 85 Plätzen mit attraktiven Öffnungszeitenangebot in Thiede auch in den übrigen Stadtteilen für Entlastung sorgt.
Die betriebsnahe Kindertagesstätte stellt zudem ein attraktives Angebot für neue, junge qualifizierte Mitarbeiter der Volkswagen AG dar, die in Zukunft dringend benötigt werden.
Kostenaufstellung für den Neubau der Kindertagesstätte:
Kostenschätzung Gebäude nach DIN 276 (brutto) | 3.200.000,00 € |
Grundstückserwerb | 370.000,00 € |
Notar/Grundbuch | 16.000,00 € |
Grunderwerbssteuer | 18.500,00 € |
Abbruch/Leitungsverlegung | 150.000,00 € |
Zwischenfinanzierung für 12 Monate | 50.000,00 € |
Gesamtkosten | 3.804.500,00 € |
abzgl. Zuschuss Land (RAT II/III) | 462.000,00 € |
abzgl. Erstattung Abbruch Soziale Stadt | 200.000,00 € |
Finanzierungsbedarf | 3.142.500,00 € |
Finanzierung KFW 148 (2,20%) | 2.700.000,00 € |
alternativ Realkredit BLSK (1,68%) | 2.700.000,00 € |
Eigenkapitaleinsatz Wohnbau | 442.500,00 € |
zuzüglich Kosten für die Ausstattung im Budget des Fachdienstes 51 | 120.000,00 € |
Für die Kinder mit Herkunft außerhalb der Stadt Salzgitter werden die Ausgleichsbeträge entsprechend den „Gemeinsamen Empfehlungen der Arbeitsgemeinschaft der kommunalen Spitzenverbände Niedersachsens und der Arbeitsgemeinschaft der Jugendämter der Länder Niedersachsen und Bremen über Ausgleichszahlungen für die Aufnahme gemeindefremder Kinder“ erhoben.
Der pauschalierte Zuschussbetrag für den Besuch des Kindergartens beträgt nach den o.g. Empfehlungen monatlich 135,-- € je Kind und Monat. Der pauschalierte Zuschussbetrag für den Besuch einer Krippe beträgt 114,-- € je Kind und Monat. Diese Beträge gelten für eine Betreuungszeit von 4 Stunden und müssen je nach vorliegender Betreuung um den jeweiligen Faktor erhöht werden. Die Zahlung erfolgt durch die jeweilige Heimatgemeinde der Eltern und wird jeweils zur Mitte und zum Ende eines Jahres abgerechnet. Für die Kinder mit Herkunft außerhalb der Stadt Salzgitter werden die üblichen Krippen- / Kindertagesstättenbeiträge erhoben.
Bei dem abzuschließenden Mietvertrag zwischen der WBV als Investor und der Stadt Salzgitter handelt es sich nach § 120 Abs. 6 NKomVG um ein kreditähnliches Rechtsgeschäft, das von der Aufsichtsbehörde zu genehmigen ist.
Die Kreditrichtlinie des Landes vom 22.10.2008 gibt weitere Erläuterungen zur Auslegung und zum Verfahren zur Genehmigung von kreditähnlichen Rechtsgeschäften. Danach liegt ein kreditähnliches Rechtsgeschäft vor, wenn atypische, langfristige Mietverträge ohne Kündigungsmöglichkeit abgeschlossen werden. Zur Genehmigung dieses Rechtsgeschäftes sind der Kommunalaufsicht die tatsächlichen Verhältnisse und die finanziellen Auswirkungen im Rahmen eines Wirtschaftsvergleichs darzustellen.
Die Prüfungsunterlagen sind erstellt und befinden sich im laufenden Antragsverfahren.
Der Investor errichtet den Kindergarten und wird diesen für die Dauer von 30 Jahren an die Stadt kostendeckend vermieten.
Die Miete wird nach Zinsänderungen aufgrund des Auslaufs der Zinsbindungsfrist während der Vertragsdauer jeweils neu vereinbart. Instandsetzungskosten werden nach tatsächlichem Aufwand abgerechnet.
Der Bauantrag soll durch den Investor eingereicht werden. Das Grundstück ist nach § 34 BauGB zu beurteilen, da kein Bebauungsplan existiert. Die zukünftige Bebauung hat sich einzufügen. Soweit sich das geplante Gebäude nach Art und Maß der baulichen Nutzung in die nähere Umgebung einfügt, ist die Aufstellung eines Bebauungsplans nicht erforderlich.
Personelle und sachliche Ausstattung:
Die für die Einrichtung und Betriebsführung erforderliche personelle und sachliche Ausstattung richtet sich nach den gesetzlichen Standards und Vorgaben der Landesschulbehörde bzw. des Gemeindeunfallversicherungsverbandes sowie der Berufsgenossenschaften.
Pädagogisches Konzept:
Die Kita soll einen strukturierten Tagesablauf haben, der den Kindern Sicherheit und Orientierung bietet. Das pädagogische Konzept wird nach dem Prinzip der offenen Arbeit mit Bezugserziehern gestaltet. Die offene Arbeit sieht alle Beteiligten (Kinder und Erzieher) in der Rolle des aktiven Gestalters und Akteurs der eigenen Umwelt. Das Handeln der Kinder steht im Mittelpunkt der Arbeit. Die Unterschiedlichkeiten der Kinder werden von den Erziehern wahrgenommen und in der Arbeit berücksichtigt (Inklusionsgedanke). Die Kinder werden als sich selbst bildende Wesen verstanden, denen Erzieher als lernende, verständnisvolle Begleiter, aktive Zuhörer, Lernpartner, Berater und Unterstützer zur Seite stehen.
Eine individuelle Eingewöhnungsphase nach dem Berliner Eingewöhnungsmodel ist vorgesehen. Die Kernöffnungszeit ist von 07:00 Uhr bis 17:00 Uhr mit der Möglichkeit bedarfsgerechter Sonderöffnungszeiten.
Die Stadt Salzgitter beabsichtigt, mit der betriebsnahen Kindertagesstätte einen weiteren, wichtigen Schritt auf dem Weg zu einer der kinderfreundlichsten Städte Deutschlands zu machen.