Begründung:
Am 21.06.2017 hat der Rat den Antrag der Ratsfraktion Die Linke zur Erstellung eines Konzeptes zur Weiterbeschäftigung der vorhandenen Verträge der Stadtteilmütter/-väter über das Jahr 2017 hinaus beschlossen. Eine Finanzierung durch die Arbeitsagentur o.a. öffentliche Fördertöpfe ist zu prüfen.
Mit Anfrage vom 04.09.2017 (1032/17) hat die Ratsfraktion Die Linke nachgefragt:
1.) Wann ist mit der Fertigstellung des Konzeptes zu rechnen?
2.) Steht schon fest, welche Fördermöglichkeiten über das Jahr 2017 hinaus bestehen?
Vorbemerkung
Nach Beendigung des Modellprojektes „Bürgerarbeit“ finanziert die Stadt Salzgitter in der Zeit vom 01.01.2015 bis zum 31.12.2017 den weiteren Einsatz von sechs Stadtteilmüttern, von denen vier beim AWO - Kreisverband Salzgitter-Wolfenbüttel im AWiSTA und zwei im Mütterzentrum SZ-Bad tätig sind.
Stadtteilmütter sind Frauen, die selbst einen Migrationshintergrund haben, im jeweiligen Stadtteil wohnen und dort auch sozial verankert sind. Sie sind Multiplikatorinnen mit Vorbildfunktion, haben Deutschkenntnisse und können Familien mit Migrationshintergrund in Erziehungs- und anderen Fragen Hilfestellung anbieten. Sie können so z.B. dafür sorgen, dass Kinder aus nichtdeutschen Familien in Kitas angemeldet werden, um ihre Chancen auf ein erfolgreiches Schulleben zu erhöhen.
Mit beiden Trägern wurde eine Kooperationsvereinbarung geschlossen. Gegenstand der Zusammenarbeit war das Erreichen folgender Ziele:
Ziel 1 – Arbeit im Quartier
Gemeinsam sollte die Unterstützung von Frauen mit Migrationshintergrund in den Quartieren fortgesetzt werden. Den Frauen sollte im Rahmen von Beratungs- und Unterstützungsangeboten der Weg auf den Arbeitsmarkt geebnet werden und Familien mit ausländischen Wurzeln der Kontakt zu deutschen Behörden oder Institutionen erleichtert werden.
Ziel 2 – Qualifizierung der Stadtteilmütter
Bewusst sollten die Teilnehmerinnen aus dem Projekt Bürgerarbeit weiterbeschäftigt werden, um sie auf die Anforderungen des 1. Arbeitsmarktes weiter vorzubereiten. Vorgesehen war ein rollierendes Beschäftigungssystem mit Arbeitsverträgen, die auf 2 Jahre begrenzt werden sollten. Es sollte so ein Wissenstransfer zwischen versierten Kräften und Neustarterinnen stattfinden.
Angestrebt war eine 30-prozentige Vermittlungsquote der „Stadtteilmütter“ in den 1. Arbeitsmarkt.
Projekt Quartierslotsen
In Anlehnung an die Projekterfahrungen mit der Bürgerarbeit und dem weiteren Einsatz der Stadtteilmütter wurde ein ergänzendes Projekt „Quartierslotsen“ im Rahmen des Bundesprogrammes „Soziale Teilhabe“ für die Jahre 2016 bis 2018 gestartet.
Erfahrungen
Der gemeinsame Bericht der Träger ist als Anlage 1 beigefügt.
Zusammenfassend ist festzustellen
zu Ziel 1 – Arbeit im Quartier
- Die Stadtteilmütter erreichen in ihren unterschiedlichen Arbeitsbereichen (Beratung, Gruppen, Projekte) jährlich weit über 2000 Menschen. Insbesondere seit der Ankunft der vielen Familien mit Fluchterfahrung sind sie ein unverzichtbarer Bestandteil der Hilfe in ihren Quartieren.
Inzwischen suchen nicht mehr nur Frauen, sondern auch Männer die beiden Einrichtungen auf.
- Teilweise werden die Stadtteilmütter dabei gezielt von anderen Institutionen angesprochen, die eine Möglichkeit suchen, Migrantinnen und Migranten zu erreichen.
- Viele Migrantinnen und Migranten in den vergangenen zwei Jahren, auch Geflüchtete, wurden an die Regelstrukturen herangeführt, nehmen an ihren Angeboten teil und erfahren sich als Teil des Gemeinwesens.
- Zu der Arbeit mit Menschen mit Migrationshintergrund kamen Ende 2015 die Menschen mit aktuellem Flüchtlingshintergrund. Die schon bestehenden Angebote der Stadtteilmütter wurden auf diesen Personenkreis erweitert bzw. angepasst.
Die große Zahl der Geflüchteten hat zum Einen die Personen mit Migrationshintergrund „verdrängt“, zum Anderen „neu motiviert“ beispielsweise doch die deutsche Sprache zu erlernen.
- Wichtigstes Angebot war aber das „Offene Haus“, indem sich täglich Menschen begegnen, in Kontakt kommen und deutsches Leben und deutsche Kultur kennenlernen.
- Große Bedeutung hat der Aufbau von Vertrauen zwischen Stadtteilmüttern und den Ratsuchenden sowie die Beratungskontinuität.
- Das IKO-Café (Integratives Kompetenz-Café) im Mütterzentrum ist ein Team aus engagierten Freiwilligen. Frau Hizir als Stadtteilmutter unterstützt die Ehrenamtlichen bei der Planung von Aktivitäten und stellt die Kontakte zu den Ratsuchenden her.
Ziel 2 – Qualifizierung der Stadtteilmütter
- Alle eingesetzten Frauen nehmen laufend an Weiterbildungsmaßnahmen (Sprache, Gruppenarbeit, Teamarbeit, Projektdurchführung und weitere Themen der niederschwelligen sozialen Arbeit) teil.
- Beschäftigt waren im gesamten Zeitraum 15 Frauen. Davon wurden
6 Frauen (40%) auf den 1. Arbeitsmarkt vermittelt
3 Frauen (20%) sind über die Tätigkeit als Stadtteilmutter hinaus mit weiteren Aufgaben in den Einrichtungen eingesetzt.
Anmerkung: Die verschiedenen Förderrichtlinien des Bundes und des Landes lassen es derzeit nicht zu, Kräfte ohne sozialarbeiterische Qualifikation in Projekten zu beschäftigen.
- Bedeutende Effekte im Hinblick auf den Arbeitsmarkt hat außer der Wirkung für die Stadtteilmütter selbst die Betreuung von inzwischen 15 Teilnehmerinnen und Teilnehmern in Arbeitsmarktmaßnahmen und im Bundesfreiwilligendienst.
Fazit
Die Ziele der Kooperationsvereinbarung wurden erreicht.
Der Flüchtlingszuzug hat neue Anforderungen an die Stadtteilmütter gestellt. Es ist ein größerer Personenkreis aus vielen Herkunftsländern zu betreuen. Weiterhin steht zwar die Arbeit mit Alleinerziehenden im Fokus, sie hat sich aber auch auf Familien und Männer erweitert.
Bei der hohen Frequentierung der Einrichtungen sind die Stadtteilmütter unverzichtbarer Bestandteil der Arbeit geworden.
Weiterentwicklung des Projektes Stadtteilmütter
Das Grundkonzept der Stadtteilmütter mit seinen beiden Zielen hat sich bewährt.
Neben dem bis Ende 2018 laufenden Projekt der Quartierslotsen laufen die Vorbereitungen zum Einsatz von Kräften zur niedrigschwelligen Beratung im Rahmen verschiedener Förderprogramme.
Angestrebt wird u.a. ein Projekt im Rahmen des Programmes zum Abbau von Langzeitarbeitslosigkeit des Landes Niedersachen. Allerdings sind geänderte Rahmenbedingungen zu berücksichtigen. Die Zugangsberechtigung für die förderfähige Zielgruppe ist anders definiert als bei bisherigen Beschäftigungsprojekten. Daher kommt eine Einmündung vorhandener Projektteilnehmerinnen und – teilnehmer nicht in Betracht.
Die hohe Zahl der verschiedenen Arbeitsmarktmaßnahmen erfordert aber eine kontinuierliche Anleitung durch geschulte und eingearbeitete Kräfte. Nach den Erfahrungen der letzten Jahre ist in den Einrichtungen der Einsatz jeweils von 1 Vollzeitäquivalent erforderlich. Der Einsatz von Teilzeitkräften ist möglich.
| | Niederschwellige Beratung Mütterzentrum/AWISTA | | |
| | Koordination durch Stadtteilmütter Finanzierung Stadt Salzgitter | | |
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Quartierslotsen | | | Bundesfreiwilligen- dienst | | "Niederschwellige Beratung" -neu- |
Finanzierung: Projekt Soziale Teilhabe durch das JC | | Finanzierung: Bundes-amt für Familie und zivilgesellschaftliche Aufgaben | | Finanzierung: Projekt zum Abbau von Langzeitarbeitslosigkeit durch das JC | |
Laufzeit: 3 Jahre bis 31.12.2018 | | | Laufzeit: jeweils 12 Monate | | Laufzeit : 2 Jahre bis 2019 | |
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Übersicht über die niederschwellige Beratung
Beschäftigung der Koordinatorinnen
Gefördert wird jeweils eine Vollzeitstelle nach Entgeltgruppe 2/ Stufe 2. Die Personalkosten belaufen sich auf jeweils ca. 35.000 € . Die Förderung soll für die Dauer von 2 Jahren erfolgen.
Die geeigneten Kräfte werden von den Trägern nach eigener Personalauswahl gewonnen.
Die Projektkosten belaufen sich auf jährlich 70.000 €, für 2 Jahre auf insgesamt 140.000 €.
Sowohl die Träger als auch die Stadt verpflichten sich, zur Kostenreduzierung Drittmittel einzuwerben.