Sachverhalt:
Die Stadt Salzgitter erhebt zur Deckung ihres Aufwandes
für die Herstellung von Erschließungsanlagen, insbesondere von öffentlichen
Straßen, Wegen und Plätzen, Erschließungsbeiträge nach den §§ 127 ff
Baugesetzbuch (BauGB) in Verbindung mit der Erschließungsbeitragssatzung der
Stadt Salzgitter.
Der Beitragspflicht unterliegen baulich oder gewerblich
nutzbare Grundstücke, die durch die Erschließungsanlage erschlossen werden.
Werden Grundstücke durch mehrere Anlagen der gleichen Art erschlossen, so sind
sie grundsätzlich zu jeder Erschließungsanlage hin beitragspflichtig.
Es ist jedoch zulässig, in der
Erschließungsbeitragssatzung zu bestimmen, dass mehrfach erschlossenen
Grundstücken eine Ermäßigung zu gewähren ist. Die Stadt Salzgitter hat von
dieser Möglichkeit Gebrauch gemacht und in § 6 ihrer Erschließungsbeitragssatzung
Regelungen über die Gewährung einer Ermäßigung für Grundstücke an mehreren
Erschließungsanlagen getroffen.
Gem. § 6 Absatz 1 der Erschließungsbeitragssatzung der
Stadt Salzgitter ist die Grundstücksfläche bei Abrechnung jeder Erschließungsanlage
nur mit 2/3 anzusetzen. Dieser von der
Fachliteratur als vorteilsgerecht
empfohlene Bruchwert wird regelmäßig von den Gemeinden in ihren
Erschließungsbeitragssatzungen übernommen und ist im Rahmen gerichtlicher
Überprüfungen bislang nicht beanstandet worden.
In § 6 Absätze 2 und 3 wird diese Ermäßigung für
Eckgrundstücke eingeschränkt. Hiernach ist die Ermäßigung für den Teil der
Grundstücksflächen ausgeschlossen, der den ermittelten Durchschnittswert der
übrigen nicht mehrfach erschlossenen Grundstücke übersteigt. Führt eine Ermäßigung
dazu, dass sich der Beitrag für ein anderes erschlossenes Grundstück um mehr
als 50 v. H. erhöht, ist dessen Mehrbelastung auf die mehrfach erschlossenen
Grundstücke umzulegen.
Hintergrund dieser vom Bundesverwaltungsgericht
geforderten differenzierten Regelung ist, dass im Erschließungsbeitragsrecht
die Eigentümer der einfach erschlossenen Grundstücke durch die Ermäßigung für
die Eckgrundstücke stärker belastet werden; es erfolgt insoweit eine Umverteilung
des umlagefähigen Aufwandes zu Lasten der einfach erschlossenen Grundstücke.
Diese Mehrbelastung darf nicht dazu führen, dass die Höhe des Beitrages für die
einfach erschlossenen Grundstücke zu hoch und damit nicht mehr vorteilsgerecht
ist.
Die gemäß Beschluss des Rates der Stadt vom 24.11.2004
aufgrund eines Antrags der SPD-Ratsfraktion begehrte Änderung des § 6 der
Erschließungsbeitragssatzung der Stadt Salzgitter zielt darauf ab, die
Ermäßigung für die mehrfach erschlossenen Grundstücke weiter zu erhöhen. Dies wird
gleichzeitig zur Folge haben, dass die einfach erschlossenen Grundstücke
künftig stärker als bisher belastet werden. Durch die Beibehaltung der
Regelungen in den Absätzen 2 und 3 wird jedoch sichergestellt, dass die
Erhöhung der Ermäßigung nicht dazu führen wird, dass sich der Beitrag für ein
einfach erschlossenen Grundstück um mehr als 50 v. H. erhöht. Es wird deshalb
davon ausgegangen, dass die Änderung der “Eckgrundstücksermäßigung” einer
gerichtlichen Prüfung standhalten wird.
Eine rückwirkende Änderung der
“Eckgrundstücksermäßigung” in § 6 der Erschließungsbeitragssatzung der Stadt
Salzgitter ist rechtlich nicht zulässig.
Das Bundesverwaltungsgericht hat mit Urteil vom
07.04.1989 entschieden, dass eine rückwirkende Änderung einer rechtlich unbedenklichen
Verteilungsregelung zu Lasten von
Beitragspflichtigen am bundesverfassungsrechtlichen Grundsatz des
Vertrauensschutzes scheitert. Mit einer Beitragsumverteilung aus Anlass eines
rückwirkenden Austausches rechtmäßiger Verteilungsregelungen brauchen die
Beitragspflichtigen nicht zu rechnen, so dass eine Rückwirkungsanordnung
insoweit wegen eines Verstoßen gegen Bundesrecht nichtig ist.
Unter Berücksichtigung der o. a. höchstrichterlichen
Rechtsprechung kann die Änderung des § 6 der Erschließungsbeitragssatzung erst
am Tag nach der Bekanntmachung der Änderungssatzung in Kraft treten.