Sachverhalt:
Knapp
20 Jahre nach dem ersten Versuch der damaligen Bezirksregierung Braunschweig
beabsichtigt der Niedersächsische Landesbetrieb für Wasserwirtschaft, Küsten-
und Naturschutz (NLWKN) erneut, im Innerstetal ein Naturschutzgebiet
auszuweisen. Dieses soll sich jetzt von Langelsheim im Landkreis Goslar über
das Gebiet der Stadt Salzgitter und den Landkreis Wolfenbüttel bis nach Groß
Düngen im Landkreis Hildesheim erstrecken.
Die
Ausweisung der Innersteaue als Naturschutzgebiet dient vorrangig der
naturschutzrechtlichen Sicherung des 2000 an die europäische Kommission
gemeldeten Flora-Fauna-Habitatgebietes „Innersteaue (mit
Kahnstein)“ sowie des 2002 erklärten und weitgehend deckungsgleichen
Vogelschutzgebietes „Innerstetal von Langelsheim bis Groß Düngen“.
Beide Gebietskategorien sind Teile des europäischen Schutzgebietsnetzes Natura
2000, dessen Schutz gemäß den zugrunde liegenden europäischen Richtlinien und
deren Umsetzung in nationales Recht durch Schutzgebietsausweisungen oder
anderweitige Vereinbarungen zu gewährleisten ist.
Die
grundsätzliche Entscheidung für eine Ausweisung als Naturschutzgebiet wurde
bereits im Jahr 2005 nach Abwägung der möglichen rechtlichen
Sicherungsmaßnahmen für alle Natura 2000-Gebiete im ehemaligen Regierungsbezirk
Braunschweig getroffen. Abweichend von der sonst üblichen Verfahrensweise
erfolgte dann aufgrund der Ausdehnung des geplanten Naturschutzgebietes über
mehrere Kommunen bereits im Vorfeld eine intensive Abstimmung von
Verordnungsentwurf und Gebietsgrenze zwischen den betroffenen unteren
Naturschutzbehörden und dem NLWKN als verfahrensführende Behörde.
Da
sowohl aus Sicht des Naturschutzes als auch aus Akzeptanzgründen möglichst eine
gleichlautende Verordnung für das gesamte Gebiet erlassen werden sollte, die
Zuständigkeit für das gemeinsame Verfahren jedoch nur noch bis Ende 2007 beim
NLWKN liegt, wurde am 10.September das offizielle Ausweisungsverfahren in der
Hoffnung auf eine zeitnahe Bearbeitung und Beendigung bis zur Jahreswende
eingeleitet.
Im
Rahmen der Beteiligung der Gemeinden und sonstigen betroffenen Behörden nach §
30 Abs. 1 Niedersächsisches Naturschutzgesetz wurde auch die Stadt Salzgitter
um Stellungnahme gebeten.
Begründung zur Stellungnahme:
Der
Auenbereich der Innerste ist - nicht zuletzt durch den hohen Schwermetallgehalt
des Bodens als Folge der Schlackenablagerung des Harzer Bergbaus - weitgehend
frei von landwirtschaftlicher Nutzung geblieben. Aus diesem Grund konnte sich
hier eine vielfältige Tier- und Pflanzenwelt mit zum Teil sehr seltenen Arten
ansiedeln, deren Schutz mittlerweile
durch Natura 2000 auch im Europäischem Recht Eingang gefunden hat.
Beispielhaft sind Eisvogel und Mittelsäger als gefährdete Brutvogelarten sowie
auch die Vegetationsbestände der sog. Schwermetallrasen zu nennen, die in
Niedersachsen nur im Harz und in dessen Vorland zu finden sind. Ziel des
Verordnungsentwurfes sind demzufolge vor allem der Schutz und die Erhaltung
dieser wertbestimmenden Vogelarten sowie auch bestimmter seltener
Lebensraumtypen.
Die
Seltenheit, Eigenart und landschaftliche Schönheit des Innerstetales bewirkt
andererseits jedoch auch, dass es einen hohen Erholungswert und eine besondere
Anziehungskraft für Erholungssuchende besitzt. Diese sollen mit der Ausweisung
als Naturschutzgebiet keinesfalls ausgeschlossen werden, Erholungs- und
Freizeitaktivitäten dürfen aber nicht zu einer Verdrängung von Pflanzen- und
Tierarten führen. Probleme sind hier vor allem durch das Lagern mit den
dazugehörigen Aktivitäten, das Befahren der Innerste als plötzliche
wasserseitige Störung, einen intensiven Angelbetrieb sowie das Reiten im
Gelände zu erwarten. Das absolute Wegegebot sowie die Möglichkeit einiger
Freistellungen nur mit Zustimmung der Naturschutzbehörde schaffen hier Abhilfe
bzw. sorgen für eine sinnvolle Kanalisierung. Weitergehende Regelungen zum
Angelbetrieb zwecks Störungsminimierung vor allem für Brutvögel werden
angeregt.
Im
Übrigen konkretisiert die geplante Verordnung die nach dem Niedersächsischen
Naturschutzgesetz erforderliche Umsetzung von Natura 2000 u.a. im Hinblick auf
Schutzzweck, Erhaltungsziele, Gebote und Verbote. Freistellungen für bestimmte
Nutzungen ersetzen zudem die zur Zeit vielfach erforderlichen
Einzelfallentscheidungen, da nach dem Niedersächsischen Naturschutzgesetz bis
zur Unterschutzstellung eines Natura 2000-Gebietes alle „Vorhaben,
Maßnahmen, Veränderungen oder Störungen, die zu erheblichen Beeinträchtigungen
des Gebietes…führen können, verboten“ sind.
Da
die geplante Verordnung bezüglich konkreter Pflege- und Entwicklungsmaßnahmen,
möglicher Vereinbarungen zur Land- und Forstwirtschaft, div.
Freizeitaktivitäten, überörtlicher Rad- und Wanderrouten etc. auch nach Erlass
noch erheblichen Regelungsbedarf aufweist, wird für das gesamte
Naturschutzgebiet die Aufstellung eines sog. Managementplanes für erforderlich
gehalten. Dieser auch zur Umsetzung der FFH-Richtlinie vorgesehene Plan umfasst
alle den ökologischen Erfordernissen des Gebietes entsprechenden Erhaltungs-
und Bewirtschaftungsmaßnahmen, einschließlich der begleitenden
Öffentlichkeitsarbeit. Konkrete Finanzierungszusagen hierfür seitens des Landes
Niedersachsen gibt es noch nicht, ein entsprechender Mittelbedarf ist jedoch
von allen betroffenen Naturschutzbehörden für das Jahr 2008 bereits angemeldet
worden.
Die
Grenze des Naturschutzgebietes selbst orientiert sich weitgehend an der
Natura-2000-Gebietskulisse und verläuft in weiten Bereichen entlang der
Hochflutdämme. Zusätzlich werden einige Flächen mit einbezogen, die ebenfalls
eine besondere Bedeutung für Tiere und Pflanzen besitzen, wie z.B. Auwälder,
Böschungen, Teiche, ein Mühlengrabenabschnitt, Wiesen, Acker- und
Ödlandflächen, die als Biotop entwickelt werden können.
Die
Abgrenzung des Naturschutzgebietes soll im Gelände nachvollziehbar sein. Sie
orientiert sich neben den Dämmen auch an Wegen, dem Flussufer oder
Nutzungsgrenzen und folgt damit im Gelände vorhandenen Linien.
Die
im Jahr 1964 im Bereich der Stadt Salzgitter noch nach dem
Reichsnaturschutzgesetz erlassene Landschaftsschutzgebietsverordnung
„Innerstetal“ genügt hinsichtlich Schutzzweck und
–bestimmungen nicht der Umsetzung der o.g. europäischen Richtlinien und
soll daher im Zuge des Ausweisungsverfahrens im Kernbereich durch das geplante
Naturschutzgebiet ersetzt werden. Der verbleibende Teil des
Landschaftsschutzgebietes sorgt für eine weitere, über die eigentliche
Gewässeraue hinausgehende „Pufferzone“.
Von
den beteiligten Referaten, Fachdiensten und Eigenbetrieben der Stadt Salzgitter
(Referat für Wirtschaft und Statistik, Referat Stadtumbau und Soziale Stadt,
Fachdienst Ordnung als Jagdbehörde, Fachgebiete Stadtplanung und Bauordnung,
Fachgebiet Umwelt als Wasser-, Abfall-, Bodenschutz- und Immissionsschutzbehörde,
Fachdienst Tiefbau und Verkehr, Eigenbetrieb Grundstücksentwicklung sowie Sport
und Freizeit Salzgitter GmbH) wurden keine Bedenken vorgebracht: